Schilddrüsengesundheit

Die neue Volkskrankheit (?)

Die Häufigkeit von Schilddrüsenerkrankungen und Funktionsstörungen

Die Schilddrüsenhormone sind für unsere Gesundheit von sehr großer Bedeutung. Sie sind wesentlich für zahlreiche Wachstumsprozesse, für neuronale Entwicklung, für die Regulierung des Energiestoffwechsels und für die Fortpflanzung. Es gibt viele verschieden Schlüsselfaktoren für das Risiko einer Schilddrüsenerkrankung und Funktionsstörung. Zum Beispiel unsere Ernährungsweise, Alter, Geschlecht, Raucherstatus und Genetik. Aber auch unsere ethnische Zugehörigkeit sowie Medikamente und sogenannte endokrine Disruptoren spielen eine einflussreiche Rolle. Bei letztgenannten handelt es sich um chemische Verbindungen die in unser Hormonsystem eingreifen und beispielsweise Wachstum- und Entwicklungsprozesse negativ beeinflussen können. Es gibt immer mehr bekannte, potenziell schädigende Stoffe und Mischungen in unserer Umwelt. Andere Begriffe sind dementsprechend auch Umwelthormone. Endokrine Disruptoren werden aber oft auch als Xenohormone oder hormonell aktive Stoffe bezeichnet.

Schilddrüsenerkrankungen können grob in Funktionsstörungen wie Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) und Unterfunktion (Hypothyreose) sowie in neoplastische Veränderung (Veränderungen des Schilddrüsengewebes) eingeteilt werden.

Die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Die Hypothyreose ist der medizinische Fachbegriff für eine Schilddrüsenunterfunktion. Es handelt sich somit um einen Mangel an Schilddrüsenhormonen. Zur Diagnostik werden die Laborwerte des schilddrüsenstimulierenden Hormons (TSH) sowie der peripheren Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) herangezogen. Ein erhöhter TSH-Wert weist auf eine Unterfunktion der Schilddrüse hin. Der obere Grenzwert für TSH wird nicht einheitlich angegeben und liegt je nach Labor, Population und Alter bei etwa 4 oder 5 mIU/L. Viele Experten sind jedoch der Meinung, dass er niedriger liegen sollte.

Erkrankungen und Funktionsstörungen der Schilddrüse sind sehr häufig vorkommende Erkrankungen und gehören zu den häufigsten endokrinen (das Hormonsystem betreffende) Erkrankungen. Sie betreffen etwa 30 bis 40 % der Patienten, die in einer endokrinen Praxis behandelt werden. Betroffen sind alle Bevölkerungsgruppen weltweit, deutlich häufiger jedoch Frauen. Eine aktuelle, repräsentative Bevölkerungsumfrage in Deutschland ergab, dass nach eigenen Angaben 15 % der Erwachsenen an einer diagnostizierten Erkrankung der Schilddrüse leiden und sogar 43 % Menschen im näheren Umfeld mit Schilddrüsenerkrankungen kennen. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein, da 46 % der Befragten angaben, dass bei ihnen selbst die Schilddrüse noch gar nie untersucht wurde.

Häufigkeit von Schilddrüsen-Unterfunktionen und Hashimoto

Schilddrüsenunterfunktionen sind besonders häufig. Je nach verwendeter Definition und der untersuchten Population, liegt die Prävalenz der Hypothyreose in Europa in der Gesamtbevölkerung bei circa 5 %. Die Dunkelziffer dürfte jedoch höher liegen, da sehr viele (noch) nicht diagnostizierter Hypothyreosen vermutet werden. So kommt es, dass das Schilddrüsenpräparat Levothyroxin (Hierzulande als „Eutirox“ bekannt) bereits 2014 in Deutschland den 2.Platz in der Rangliste der meist verordneten Medikamente einnahm.

Die sogenannte Hashimoto-Thyreoiditis wird mittlerweile nicht umsonst als die neue Volkskrankheit bezeichnet. Denn diese hat sich zur häufigsten Autoimmunerkrankung entwickelt. Mehr als 10% der deutschen Bevölkerung sind inzwischen davon betroffen. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten. Frauen erkranken allerdings 10mal häufiger als Männer. Europaweit geht man von etwa 8% Betroffenen aus.

Etwa 20 bis 30 % aller Hashimoto-Thyreoiditis-Patienten leiden an einer Schilddrüsenunterfunktion. Die Ursache ist vermutlich eine Kombination aus genetischer Anfälligkeit und Umweltfaktoren, die zum Verlust der immunologischen Toleranz führt. Dies hat einen Autoimmunangriff auf das Schilddrüsengewebe und somit das Auftreten der Krankheit zur Folge.

Subklinische Hypothyreosen

Die sogenannte subklinische Hypothyreose, auch als latente Unterfunktion bezeichnet, wird als Zustand definiert, der durch erhöhte Serumspiegel des schilddrüsenstimulierenden Hormons (TSH) bei jedoch normalen Werten der T4 und T3 definiert ist. Der Begriff „subklinisch“ bedeutet „leicht verlaufend“ und im übertragenen Sinn „klinisch nicht oder nur schwer erkennbar“. Die Abgrenzung vom Begriff „latent“ ist nicht immer klar. „Latent“ bedeutet zwar vorhanden, aber (noch) nicht in Erscheinung getreten beziehungsweise nicht unmittelbar sichtbar oder zu erfassen.

Latente und/oder subklinische Hypothyreosen umfassen somit leichte Grade der Schilddrüsenfunktionsstörung und stellen häufige klinische Entitäten dar. Bei den Betroffenen fehlen oder treten nur minimale Symptome einer Hypothyreose auf. Die klinische Bedeutung einer leichten Schilddrüsenunterfunktion ist unklar. Die Angemessenheit diagnostischer Tests und insbesondere möglicher oder erforderlicher Behandlungen wird kontrovers diskutiert.

Subklinische Hypothyreosen sind ebenfalls sehr häufig und treten bei 4-20 % der erwachsenen Bevölkerung auf. Diese sehr große Bandbreite ist unter anderem auf Unterschiede in Alter, Geschlecht und den unterschiedlichen Grenzwerten der TSH-Werte, die zur Definition der Erkrankung verwendet werden, zurückzuführen. Aktuelle Daten verweisen auf etwa durchschnittlich 10% Betroffene innerhalb der erwachsenen Bevölkerung. Eine höhere Prävalenz findet man bei Frauen, in der älteren Bevölkerungsgruppe sowie bei Personen mit Schilddrüsen-Autoimmun-Erkrankungen. Frauen sind 4 bis 5mal häufiger betroffen als Männer. Die Inzidenz der Erkrankung nimmt insbesondere ab dem 50. Lebensjahr zu. Insgesamt ist jedoch von Lebens-Jahrzehnt zu Jahrzehnt bei beiden Geschlechtern eine deutliche Zunahme zu beobachten.

Ob es Vorteile hat, eine latente Unterfunktion zu behandeln, ist bisher noch nicht klar und wird kontrovers diskutiert.

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thomas stricker, MEd science, Master in clinical PNI

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